Hallo,
ich bin Susanne, von Beruf Prähistorikerin im Regierungspräsidium
Karlsruhe (ehemals Landesdenkmalamt), und im Lager meist mit
Nähen (am Ende der Freizeit ist immer noch so viel ungenähte
Gewandung übrig) und Musizieren (Drehleier, Harfe,
Schalmei, Rauschpfeife, Gesang) beschäftigt.
Da mich der "Herbst" des Mittelalters besonders
fasziniert, habe ich mir für meine Darstellung zusammen mit
meinem Mann zwei typische "Kinder ihrer Zeit" im
Jahr 1495 ausgesucht: Die (erfundene) Weinbauerin Stilla
Fritz aus Untergrombach und die historische Gestalt der
Barbara Meuting, geb. Fugger.
Gott zum Gruße! Ich bin die Stilla Fritz aus Untergrombach.
Viel lieber wäre ich ja in Blankelach bei meinem Gunther.
Der Gunther Juncman kommt aus der Kurpfalz und hat sich als
Landsknecht hohe Verdienste und ein gewisses Vermögen
erworben. Freilich ist er nicht so reich wie der Schultheiß,
aber er hat mittlerweile einen eigenen Hof zu Blankelach.
Vater will davon freilich nichts wissen. Er will, dass ich
den Sohn vom Stamler nehme. Vater ist sehr beeindruckt, weil
der Hans Stamler Schultheiß ist und früher sogar
Amtskeller zu Grombach war und einmal gar unserem
Landesherrn Geld geliehen hat. Das hat Vater uns Kindern oft
genug mit leuchtenden Augen erzählt. Da muss er sich nicht
wundern, wenn mein Bruder Joß auf so seltsame Gedanken
kommt. Er ist für den Weinbau nicht zu gebrauchen, treibt
sich nur mit seinen merkwürdigen Kumpanen rum. Er spricht
allenthalben davon, dass er frei sein will wie ein Schweizer
und lässt es an Respekt vor Obrigkeit und Kirche mangeln.
Freilich drückt uns die Last durch die Abgaben schon sehr
und abgesehen vom Zehnt fürchten alle hier besonders den
Todfall, der schon so manchen ins Elend getrieben hat, aber
wohin das führen soll, was der Joß da treibt, weiß ich
nicht. Ob das ein gutes Ende nimmt?
Seid gegrüßt, werte Gäste, und verzeiht, dass ich euch
nicht viel Zeit widmen kann, denn dringende Geschäfte
fordern meine Aufmerksamkeit. Ich bin Barbara Meuting und während
mein Mann Konrad die Fuggersche Vertretung in Antwerpen
leitet und mein Bruder Jakob Fugger d. Jüngere in Tirol
unterwegs ist schaue ich hier in Augsburg nach dem Rechten.
Manche behaupten ja, dies sei kein gottgefälliges Tun für
ein Weib. Aber hat nicht schon meine Mutter die Geschäfte
erfolgreich weiter geführt, nachdem mein Vater, Jakob
Fugger d. Ältere, gestorben war? So lange bis ausgerechnet
mein Bruder Jakob, dem bis dahin ein Leben im Kloster
beschieden war, sich als geeignet erwies, diese Aufgabe zu
übernehmen. Und hat mir nicht Gott einen Ehemann an die
Seite gestellt, der in höchstem Maße tüchtig und
vertrauenswürdig ist und unsere Ehe zudem mit fünf
Kindern, zuletzt auch mit dem ersehnten Sohn, gesegnet? Wer
fragt denn danach, ob unsere Geschäfte gottgefällig sind,
wenn er Geld braucht. Es sind viele, die in dieser Zeit ihr
Vermögen nicht zusammen halten können, sei es
Geistlichkeit, Fürsten oder sogar der Kaiser selbst. Sie
versuchen alle, ihren Reichtum durch dauerndes Anheben der
Abgaben zu mehren und merken dabei nicht, dass sie mit den
Bauern auch ihre eigene Zukunft ins Elend stützen. Sie
schinden den Gaul, der ihren Karren zieht, zu Tode und
wundern sich dann, dass sie im Dreck stecken. Wir unterstützen
den Kaiser, weil seine Herrschaft gottgewollt ist, aber wer
nicht erkennt, dass sich die Zeiten ändern, der wird früher
oder später unter gehen.
Einer, der dies erkannt hat ist Melchior von Meckau, Bischof
von Brixen, und der selbige ist nun hier, um wichtige
Absprachen zu treffen. Ihr werdet verstehen, dass ich ihn
nicht länger warten lassen kann und meine Aufmerksamkeit
nun wieder dem Geschäft zu wenden muss.
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